Die Gewohnheiten mussten eingehalten werden
Inhaltsangabe von Matthias Herklotz zum Roman von Alf A. Saeter: „Zwei im Sturm“
erschienen 1975 Hinstorff Verlag Rostock.

Jon lebt auf einem kleinen Hof, in einem Dorf in Südnorwegen. Seit vielen Generationen wohnt seine Familie hier. Das Land ernährt sie kümmerlich. Die viele Arbeit lässt kaum Raum für Freuden. Als junger Mann hatte Jon große Sehnsucht nach der Welt. Er lernte Geige und Schlagzeug spielen. Doch er konnte nie seine Ideen und Vorstellungen verwirklichen.
Er blieb auf dem Hof, verrichtete Tag für Tag seine ihm aufgetragenen Arbeiten. Willensschwach und ohne Antrieb lehnte er sich niemals auf, ließ sich erst von seinen Eltern und später von Inga befehligen. Inga, eine resolute, starke Frau kam zur Pflege der Mutter und blieb dann auf dem Hof. Für Jon war sie keine Partnerin, mehr eine Mutter, die sich um alles kümmerte. Sie passten einfach nicht zueinander. Mit einem starken Mann an Ingas Seite hätte sie gutes Leben führen können. Doch Jon ist mit ihr genauso unglücklich. Seine Freuden erlebt er bei einsamen Abendspaziergängen, er philosophiert und träumt.
Eines Tages wird Inga wird sehr krank. Sie leidet zunehmend unter starken Schmerzen und Herzbeschwerden. Die Ärzte wissen keinen Rat. Inga kämpft jeden Tag weiter, um ihre häuslichen Pflichten zu verrichten.
Die Kartoffelernte steht an. Da beschließt Inga, den debilen Tommen, einen mehrfach behinderten jungen Mann, der nicht sprechen kann, auf den Hof zu holen. Jon wird nicht gefragt. Tommen ist keine Hilfe, er muss angeleitet und beaufsichtigt werden. Jon empfindet starke Abneigung gegen den Ankömmling. Inga jedoch verschenkt ihre angestaute Liebe an ihn. Ihre Beschwerden werden schlimmer und eines Morgens liegt sie tot auf dem Küchenboden.
Jon ist völlig überfordert. Er lässt alles geschehen. Tommen kommt aus dem Haus. Bekannte und Nachbarn regeln die Beerdigung, kümmern sich um alles.
Eines Tages ist Jon plötzlich allein. Ganz allein. Die Stille auf dem Hof peinigt ihn.
Mit dem Herbst kommen die dunklen Tage. Jon fürchtet sich in dem leeren Haus. Nachtfurcht nennt er das. Er lässt die ganze Nacht das Licht an, flüchtet sich in die Geborgenheit von Ingas Pelzmantel. Körperliche Beschwerden stellen sich ein, das Essen schmeckt nicht, er isst immer weniger. Zu Weihnachten wird er von den Nachbarn eingeladen. Doch das ist mehr eine Qual für ihn.

Eines Tages erhält er einen Anruf von Tommens neuen Pflegeeltern. Er wird gebeten, den jungen Mann für kurze Zeit zu sich zu nehmen. Jon gelingt es nicht, diese Bürde abzulehnen. Tommen wird gebracht. Erstaunlicherweise kommt Jon gut mit ihm zurecht. Er fühlt, was Tommen braucht. Als der hilflose Gast nach einem schlimmen Unwetter eine weitere Nacht bei Jon bleiben muss, geschieht etwas völlig Unerwartetes. Nach einem Stromausfall herrscht Dunkelheit. Jon zündet Kerzen an und Tommen ist fasziniert. Als in seinem Zimmer die Kerzen verlöschen, ängstigt er sich so sehr, dass er in das Bett von Inga stürmt. Dort hält er Jons Hand ganz fest. Jon ist zu Tode erschrocken. Was will Tommen von ihm? Ist das ein Angriff? Plötzlich jedoch ist Tommen eingeschlafen. Jon löst seinen Griff und da sieht er zwei kleine Hände, Vogelflügeln gleich, die nach Hilfe und Sicherheit flehen. Da begreift Jon, dass von Tommen keine Gefahr ausgeht, dass dieser sich nur nach Sicherheit und Wärme sehnt. Und er, der im Dorf nur der Trottel genannt wird, kann ihm diese Geborgenheit geben.
So gelingt es Jon immer besser, sich auf Tommen einzustellen. Er fühlt sich befreit, ist nicht mehr allein. Jons Beschwerden verschwinden. Die beiden bleiben zusammen. Es scheint, als wären alle froh über diese Lösung.
Kurzbiographie Alf A. Sæter

Alf A. Sæter wurde am 8. November 1935 geboren. Er ist ein Schriftsteller aus Molde, einer kleinen Stadt im Südwesten Norwegens am Romsdalsfjord. Zunächst arbeitete er als Fotograf. 1974 debütierte er mit dem Roman „Mitt stakkars nye liv“ (Mein armseliges neues Leben); 1975 erschien „Ti i Storm“ (Zwei im Sturm). Seit 1976 ist er Mitglied des norwegischen Schriftstellerverbandes; er schreibt in norwegischer Sprache. 12 seiner Bücher wurden von Det Norske Samlaget, einem Kultur- und Wissensverlag in Norwegen veröffentlicht.
Sæter steht in der Tradition des psychologischen Realismus, und die Figur in seinem Debütroman – ein Mann in der Mitte des Lebens, der mit dem Leben nicht zurechtkommt – ist charakteristisch für seine Figuren. Der Titel „Avkledd mann“ (entkleideter Mann, 1981) ist ebenfalls bezeichnend für Sæters Projekt.
Er schildert abwechselnd gute, liebevolle Beziehungen und den Außenseiter, der seinen Platz nicht findet. Das Thema kann ernst oder humorvoll sein; letzteres kommt in „Påskebodskap“ Osterbotschaft, 1992) vor. Sæter hat auch Gedichte geschrieben, in denen er eher nachdenklich ist, wie in „Å elska er å vera stille nesten heile tida“ (Lieben heißt, fast immer still zu sein, 1987). Außerdem verfasste er Texte zur Lokalgeschichte.
In den letzten Jahren hat er zahlreiche Memoiren und Heimatgeschichten geschrieben.
Alf A. Sæter wurde sowohl mit dem Melsom-Preis als auch mit dem Sunnmør-Preis ausgezeichnet.
Quelle: Store norske leksikon
Im Bestand der SLUB ist folgendes Buch nachgewiesen:
OpenEdition schlägt Ihnen vor, diesen Beitrag wie folgt zu zitieren:
petrametzelthin (26. Oktober 2023). Die Gewohnheiten mussten eingehalten werden. SLUB TextLab. Abgerufen am 9. Februar 2025 von https://doi.org/10.58079/uqfj